Der Überläufer by John Boyd

Der Überläufer by John Boyd

Autor:John Boyd [Boyd, John]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-08-30T16:00:00+00:00


Brandt, der Soziologe, war Haldanes dritter Gesprächspartner.

»War das eben Vater Kelly vor mir?«

»Ja, Sir.«

»Haldane, achten Sie auf die Weisheit des Staates. Wenn es um Rassenvermischung geht, ist dieser Mann Experte.«

»Sie kennen ihn?«

»Ich war einmal Mitglied seines Pfarrbezirks, aber ich entfloh mit meiner Gefährtin – ich hoffe, gerade noch rechtzeitig.«

Plötzlich schlug Brandts Verhalten in ernsthafte Besorgnis um, getragen von einer Redlichkeit, die nach Kellys Theatralik geradezu erfrischend wirkte. »Haldane, es steht schlimm um Sie. Es war verdammt unvorsichtig, sich erwischen zu lassen. Der Staat erwartet von Ihnen große Dinge. Für einen Mann mit Ihrem Verstand … Aber lassen wir das.

Hier stehe ich vor allerlei Dingen, die ich nicht verstehe. Wie diese Empfängnis stattfinden konnte, ist mir unbegreiflich. Ohne sie wären Sie vielleicht mit einer Rüge davongekommen … Und in Kalifornien hat man doch einige der besten Freudenhäuser des Staates!

Ich habe mich bei Belle erkundigt. Sie war wie vom Schlag getroffen und wütend, ja, sogar traurig. Sie hatten das ganze Haus auf Ihrer Seite. Sie sagte mir, daß die anderen Studenten im Vergleich zu Ihnen reine Amateure waren.

Bei den Eisblumen der Hölle! Wie kamen Sie nur auf eine Kopfarbeiterin – und dazu noch auf eine Dichterin?«

»Sie half mir bei einem Forschungsprojekt.«

»Forschung! Was haben Sie denn erforscht – den weiblichen Kopulationsrhythmus?«

»Ganz so interessant war es nicht. Im Grunde arbeitete ich an einer Idee, die ihre Kategorie völlig zum Verschwinden gebracht hätte.«

»Mit ihrer Hilfe?«

»Sie hat die gesellschaftlichen Zusammenhänge nicht begriffen. Es fing damit an, daß ich ihr beim Verfassen eines Gedichts über Fairweather helfen wollte, aber als wir feststellten, daß Fairweathers Biographie auf dem Index steht, ließen wir das sein. Ich überredete sie, mir bei der Entwicklung eines elektronischen Shakespeare zu helfen.«

»Es ist leicht zu begreifen, wie Sie das Mädchen überredet haben … Nun, ich habe die Möglichkeit, nicht mehr funktionierende Kategorien zu eliminieren, aber haben Sie sich da nicht ein etwas zu hohes Privileg angemaßt, das Ihnen gar nicht zusteht? Unsere Sektion entscheidet darüber, welche Kategorien verschwinden oder neu geschaffen werden müssen.«

»Ja, Sir, aber Sie sprechen jetzt von vollendeten Projekten. Meine Idee befand sich erst in einem Versuchsstadium.« Haldane schlug sich mit der rechten Faust in die linke Handfläche. »Brandt, Sie mögen vielleicht glauben, daß ich größenwahnsinnig bin, aber ich hätte Ihnen das Programm niemals gezeigt, bevor es nicht vorzeigbar gewesen wäre – ich bin mir allerdings sicher, daß Sie die Idee aufgegriffen hätten. Mann, der Druck aus der Untersektion Erziehung hätte Sie getötet, wäre der Gedanke von Ihnen einfach unterdrückt worden. Irgendwie wäre das doch bekannt geworden, denn ich hätte die Nachricht inoffiziell verbreitet.«

»Vielleicht haben Sie recht«, stimmte Brandt zu. »Ich habe etwa fünf Kategorien auf meiner Liste, und Dichtung ist eine davon.«

Er rieb sich nachdenklich den Hals, und Haldane wartete, während er seine Gedanken ordnete. Plötzlich legte der Mann beide Hände flach auf den Tisch und beugte sich zu Haldane herüber.

»Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Haldane. Ich bin Vorsitzender der Jury. Theoretisch ist meine Aufgabe nur technischer Art, aber besieht man es mal ganz nüchtern, so habe ich ein großes Gewicht. Ich mache Ihnen ein Angebot, hier über den Tisch.



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